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Schrittmotor Auslegung und Auswahl leicht gemacht

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    Ich werde des Öfteren von Lesern des CNC Blogs gefragt, wie man denn nun die Auslegung und die Auswahl des Schrittmotors für die eigene Anwendung durchführt. Und was die wichtigsten Kriterien bei der Auswahl eines Schrittmotors sind.

    Und wer sich schon mal mit dem Kauf eines Schrittmotors befasst hat, weiß: Am Markt gibt es eine Unmenge an Schrittmotoren in den verschiedensten Bauformen, Baugrößen und Leistungklassen. Da kann man ohne die richtige Vorbereitung leicht die Übersicht verlieren und steht vor dem Motorensortiment wie der sprichwörtlich bekannte “Ochs vorm Berg”.

    Schrittmotor
    Ein Schrittmotor – so kann er aussehen!

    Aber keine Panik! Auch die Schrittmotor Auslegung und Auswahl ist kein Hexenwerk. Man muss nur ein paar einfache Dinge beachten. Und in diesem Artikel bekommst du von mir die besten Tipps für die Auslegung und Auswahl von Schrittmotoren. Hier lernst Du:

    • Welche Bauformen von Schrittmotoren gibt es?
    • Was die wichtigsten Kenndaten eines Schrittmotors sind
    • Wie Du aus Deiner Anwendung die erforderlichen Leistungsdaten berechnest

    Nun denn, frisch ans Werk. Nur keine Zeit verlieren und schnell weiterlesen!

    Welche Bauformen von Schrittmotoren gibt es zur Auswahl?

    Ein Schrittmotor ist ein Motor, welcher mechanisch gesehen durch entsprechende Ansteuerung eine einzelne Teilumdrehung – einen Schritt durchführen kann. Viele Schritte zusammen ergeben dann eine Drehung. Auf der Seite von Nanotec kannst du dir dazu eine schöne Animation ansehen.  Prinzipiell werden Schrittmotoren in die folgenden drei Bauformen unterteilt:

    1. Reluktanz-Schrittmotor
      Beim Reluktanzschrittmotor ist der Rotor ohne Kupferwicklung und ohne Magnete ausgeführt. Dieser Rotor ist nämlich aus einem weichmagnetischem Material (Weicheisen) und besitzt am Umfang kleine Zähnchen.
      Wenn man bei diesem Motor im ausgeschalteten Zustand an der Welle dreht wird man keinen Widerstand bzw. Rasten feststellen.
      Bei einer Bestromung des stillstehenden Stators gehen die Feldlinien durch den weichmagnetischen Rotor hindurch. Da die Feldlinien an einer Stelle durch die Zähnchen einen kürzeren Weg zum Stator zurückfinden wirkt auf den Rotor eine Kraft die diesen in Rotation versetzt. Durch geschicktes Bestromen des Stators wird so der Rotor immer schrittweise weitergedreht.
      Aufgrund der aufwendigen Ansteuerelektronik und nicht vorhandener Selbsthemmung (es gibt ja keine Magneten!) sind Reluktanzmotoren nur für Nischenanwendungen geeignet.
    2. Permanentmagnet-Schrittmotor
      Permanentmagnet-Schrittmotoren haben normalerweise einen Stator mit zwei Wicklungssträngen (4 Anschlüsse). Der Rotor ist mit Permanentmagneten versehen. Wenn man an der Welle eines solchen ausgeschalteten und abgesteckten Schrittmotors dreht, kann man ein Rasten des Rotors erfühlen. Das Rasten ist aufgrund der Nord-Süd Magneten am Rotor spürbar.
      Die Häufigste Ausführung ist hier der so genannte Klauenpolschrittmotor. Durch seine einfache Ausführung ist der Klauenpolschrittmotor die günstigste Art von Schrittmotoren am Markt. Klauenpolschrittmotoren haben jedoch Nachteile hinsichtlich Schrittweite und Drehmomente gegenüber Hybrid-Schrittmotoren.
    3. Hybrid-Schrittmotor
      Hybridschrittmotoren vereinen die Vorteile von Reluktanzmotor und Permanentschrittmotor. Bei Hybrid Schrittmotoren werden auf den Rotor Permanentmagneten gesetzt. Gleichzeitig werden zwei Zahnkränze aus Weicheisen aufgesetzt, die um einen halben Zahn versetzt sind. In dieser Bauform erreicht der Hybrid-Schrittmotor ein höheres Drehmoment bei gleichzeitig feinerer Schrittteilung. Nahezu alle Schrittmotoren die Du derzeit am Markt kaufen kannst sind Hybrid-Schrittmotoren.

    Uff… Soweit also zum theoretischen Aufbau von Schrittmotoren. Jetzt lass uns schnell mit den wichtigsten Kenndaten weitermachen!

    Die wichtigsten Kenndaten zur Schrittmotor Auslegung sind…?

    Um Schrittmotoren voneinander unterscheiden zu können, musst du wissen worauf es besonders ankommt:

    Drehmoment und Haltemoment

    Das Drehmoment ist eine der wichtigsten Kenngrößen bei der Auswahl eines Schrittmotors. Da das Drehmoment wesentlich von der Drehzahl abhängt, gibt es auch das Stillstands- oder Haltemoment. Dieses gibt an, was der Motor im Stillstand leisten kann.

    Schrittwinkel und Schrittzahl pro Umdrehung

    Bei jedem Schrittmotor ist der Schrittwinkel am Typenschild oder am Datenblatt mit angegeben. Ein Schrittwinkel von 1,8° bedeutet z.B., dass der Motor in 200 Schritten eine komplette Umdrehung durchführt. (1,8° * 200 = 360° == 1 Umdrehung)

    Durch eine Schrittmotorsteuerung mit halb-, viertel- oder achtelschrittteilung kannst Du die Auflösung noch weiter verfeinern. Vor dem Kauf musst Du dir auf jedenfall überlegen, wie genau Du mit dem Schrittmotor positionieren willst.

    Schrittmotorendstufe
    Schrittmotorendstufe

    Anzahl der Phasen und Anschlussausführung

    Der Anschluss eines Schrittmotors kann folgendermaßen ausgeführt sein:

    • Keine Mittelanzapfung
    • Mittelanzapfung
    • Gemeinsame Mittelanzapfung

    Ein Schrittmotor mit 4 Phasenanschlüssen ist üblicherweise ein bipolarer Schrittmotor. Das bedeutet, dass der Strom durch eine Phase mal in die eine und mal in die andere Richtung geschickt wird (bipolar=2 Pole).

    Ein Schrittmotor mit 6 Phasenanschlüssen ist üblicherweise ein unipolarer Schrittmotor, er kann jedoch unter Umständen auch bipolar angesteuert werden.

    Auf der Seite vom Strippenstrolch findest Du noch mehr zur unipolaren und bipolaren Ansteuerung. Und das auch noch viel besser erklärt als ich das kann:

    Spulenwiderstand und Spuleninduktivität

    Jetzt wird es elektrisch. Damit der Motor auch die auf dem Typenschild angegebene Nennleistung bzw. Nennmoment erreicht, musst du ihm entsprechend eine Spannungsversorgung bereitstellen. Die Spannungsversorgung muss entsprechend hohe Ströme bereitstellen können, ohne dass die Spannung abfällt. Schrittmotorsteuerungen arbeiten in der Regel mit einer Stromregelung, sodass Du dir über den Strom nicht viel Gedanken machen musst.
    Achtung, Schrittmotoren kannst Du seriell und parallel anschließen. Näheres dazu und zur Auswahl des Netzteiles werde ich an dieser Stelle noch einfügen.

    Maximaler Strangstrom

    Der auf dem Datenblatt oder Typenschild angegebene Strangstrom oder Phasenstrom sollte nicht überschritten werden. Andernfalls kann es zur Überhitzung und Ausfall des Schrittmotors kommen.

    Mechanischer Anschluss

    Das Flanschmaß von Schrittmotoren ist normalerweise nach NEMA (US National Electrical Manufacturers Association) genormt.  Die geläufigsten Größen sind Nema 17 (Lochbild 42×42), Nema 23 (Lochbild 56×56) und Nema 42 (mit Lochbild 86×86 des Anschlussflansches).

    Den Wellenschaft des Schrittmotors kannst Du ganz einfach z.B. über eine Rotex-Kupplung mit dem Gegenstück verbinden. Diese Kupplungen mit einem Kunststoffklemmteil haben sich in der Praxis bewährt, da sie Schwingungen und Stöße gut dämpfen.

    Positions und Drehwinkelmessung

    Bild eines Schrittmotors
    Schrittmotor mit Anschlusskabel

    Alle günstigen und gängigen Schrittmotoren am Markt haben keinen integrierten Drehzahl oder Drehwinkelsensor. In Standardausführung eignen sich die Schrittmotor dadurch zunächst “nur” für Steuerungsaufgaben.

    Damit beim Einschalten deines Geräts die 0-Stellung des Antriebs initialisiert wird, musst du zuerst durch eine vorsichtige Referenzfahrt einen Referenzschalter anfahren. Durch die Referenzfahrt wird die Nullposition festgelegt. Da du den Schrittmotor mit einer definierten Anzahl an Schritten ansteuerst, kannst du dann sehr einfach berechnen wieviele Schritte sich der Schrittmotor ab dem Referenzpunkt bewegen soll.

    Der Nachteil bei dieser Art der Positionsmessung ist, dass bei Überlast des Motors Schrittverluste auftreten, die deine berechnete Position nichtig machen.

    Wenn Du eine hohe Positionier- und Wiederholgenauigkeit oder einen Regelkreis in deiner Anwendung benötigst, solltest Du dir zusätzlich einen Drehwinkelsensor oder einen Positionssensor in den Antriebsstrang integrieren.

    Geschafft, soweit zur grauen Theorie! Aber wie lege ich jetzt den richtigen Schrittmotor aus?

    So berechnest Du aus Deiner Anwendung die erforderlichen Leistungsdaten

    Berechnung des Schrittmotors für einen direkten Drehantrieb

    An dieser Stelle ist das geforderte Drehmoment des Schrittmors direkt aus deiner Anwendung gegeben. Du musst dir nur überlegen, ob das Drehmoment weiter erhöht werden muss um eine bestimmte Beschleunigung bzw. Beschleunigungszeit zu erreichen.

    Berechnung des Schrittmotors für ein Schraubgetriebe

    Wenn Du mit einem Schrittmotor ein Schraubengetriebe (z.B. eine Trapezgewindespindel, Kugelumlaufspindel, Gewindestange o.ä.) antreibst, also die Drehbewegung des Schrittmotors in eine lineare Verfahrbewegung umwandelst, dann kannst Du mit folgenden Faustformeln rechnen:

    Gegeben:
    Spindelsteigung p
    Geforderte lineare Verfahrgeschwindigkeit v_min
    Geforderte Antriebskraft des Getriebes in Achsrichtung F_min

    Gesucht:
    Mindesterforderliche Drehzahl des Schrittmotors n_min = v_min / p
    Mindesterforderliches Drehmoment des Schrittmotors M_min = (F_min*p) / (2*pi)

    Um zum Beispiel die notwendige Antriebskraft eines CNC-Frästisches zu ermitteln, kann für die geforderte Antriebskraft in Achsrichtung die maximal auftretende Zerspankraft verwendet werden. Denn der Vorschub muss mindestens die Kraft haben, um die Spankräfte zu übertragen.
    D.h. du berechnest die Spankräfte für den schwierigsten Spanprozess und setzt diese oben in die Formel ein um das geforderte Drehmoment des Schrittmotors zu ermitteln. In diesem Artikel erfährst Du mehr zur Berechnung der Schnittkräfte beim Fräsen.

    Darstellung x-y Achse für eine CNC Anwendung
    Kreuztisch (X- und Y-Achse) mit Schrittmotoren

    Natürlich musst Du zusätzlich eine Sicherheit einberechnen. Ansonsten würdest Du bei steigender Reibung im Antrieb nicht mehr ordentlich fräsen können. Ich würde an dieser Stelle konservativ einen Sicherheitsfaktor von 2 vorschlagen, sodass das Drehmoment des ausgewählten Schrittmotors 2 mal höher als das berechnete Drehmoment ist. Auch hilft zusätzliches Drehmoment beim Beschleunigen des Lineartisches, falls hohe Dynamik gefordert ist.

    Weiterführende Informationen

    Hersteller von Schrittmotoren

    Bekannte Hersteller von Schrittmotoren sind z.B. Nanotec, Trinamic und Phytron. Für meinen CNC-Tisch habe ich mir einen Von Isel (ms-050 ht) zugelegt.

    Weitere Links

    Weiterführende Linksammlung für Informationen zum Schrittmotor und seiner Ansteuerung (wird laufend erweitert):

    Fazit zu Auswahl und Auslegung von Schrittmotoren:

    Die Auswahl des richtigen Schrittmotors ist ohne Vorkenntnisse nicht so leicht möglich. Durch etwas Recherche und berechnen der notwendigen Leistungsdaten kannst Du diese Hürde jedoch auch meistern. Mein Tipp an dich: Kauf’ Dir im Zweifel einen Motor mit etwas mehr Drehmoment. Aber: Bei hochdynamischen Anwendungen, bei denen die Trägheit des Motors selbst eine Rolle spielt, muss Du jedoch eine exakte Auslegung durchführen.

    7 thoughts on “Schrittmotor Auslegung und Auswahl leicht gemacht”

    1. Lieber Ersin Kurt und Ede Ens:
      Ich bin (62Jahre alter)und Anfänger in der CNC Technik.
      Ich wühle mich wie ein Maulwurf durch alle Informatioen die ich freundlicherweiße kostenlos erhalten kann.
      Fast jeder Ältere Mensch hat und kennt die Aussage von Sokratess (Ich weiß, dass ich nichts weiß).
      Solltet Ihr also erwarten alle Fragen zu einem doch so komplexen Themas,nur durch das lesen einer einzigen,wenn auch noch so explizit beschriebenen Unterscheidung der Antriebstechnik erwartet haben,solltet Ihr versuchen weiteres Wissen auf anderen “Seiten” zu finden.
      Mit Lieben,freundlichen Grüßen,
      Martin Giraud

    2. Ein sehr informativer Beitrag über die Schrittmotorauslegung! Vielen Dank für diese interessanten Infos. Ich werden den Link an meinen Onkel weiterleiten, da er ihn wohl interessieren mag.

    3. Hallo,
      was wenn man nicht ein Trapezgewindespindel nutzt sondern eine linearführung und diese mit einem Zahnriemen antreiben möchte. (Motor an ein Pulley verbunden) Wenn ich eine Geschwindigkeit von 0,1m/s erreichen muss und ein Gewicht von max. 10 Kg bewegen muss. Wie kann ich das errechnen? Ich werde daraus leider nicht schlau und man liest Hauptsächlich nur Erfahrungswerte im Internet. Können Sie mir dabei weiterhelfen?

      1. Moin.
        Also für mich fehlen hier noch einige Angaben (Berechnungen) in der gesamten Auslegung. Ganz grob kann man diese so verwenden, allerdings eher mit dem Sicherheitsfaktor 2.5-3.
        Auslegung mit Pulley: Dazu musst du erst einmal das Übersetzungsverhältnis deines Riemens und Pulleys Berechnen. Größe und Zahnteilung Pulley.
        Zudem kommen deine max. 10kg die du so nicht nehmen kannst denn es fehlen die Fräskräfte, Beschleunigte Maße, Bremskräfte usw. Das sind aber auch die Werte die mir hier allgemein fehlen in der Auslegung. Zudem sollte auch immer im Auge behalten werden wie hoch die Z-Achse steht, denn durch das Hebelgesetz verändern sich zusätzlich massiv die Kräfte. Des weitern kommen Kräfte wie Verschränkungen und Verwindungen hinzu die zusätzliche Kraft des Motors benötigen.
        In deinem Fall um es mit den oben beschrieben Auslegungen zu versuchen, brauchst du das Übersetzungsverhältnis von Pulley/Zahnriemen. Die Kräfte sind beim Zahnriemen etwas geringer als bei einem antrieb mit zb einer KUS(Kugelumlaufspindel).

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